Das, was uns wesentlich antreibt, entzieht sich
dem Bewusstwerden und verbirgt sich vor dem Bewusstsein. Wesentliches
bleibt für das Denken unerreichbar, selbst dann, wenn es das Wesen
von etwas denkt.
Der Philosoph Platon aber erfährt intuitives
Empfinden des Wesentlichen als Einbilden und erlebt dies als
besondere Art und Weise inneren Sehens. Er nennt dieses besondere
Empfinden ἰδεῖν
(idein).
Iδεῖν
bedeutet (auf)spüren, was einer Erscheinung wesentlich zugrunde
liegt.
Hoch
wahrscheinlich hat Platon diese Art und Weise inneren Wahr-nehmens
bei seinem Lehrer Sokrates entdeckt. Iδεῖν geschieht nicht nur
vor allem Denken, sondern begleitet dieses auch ständig als κρίνειν
(krinein) (scheiden, unter-scheiden, trennen, aussondern, auswählen,
entscheiden, urteilen, richten).
„Iδεῖν“ lässt
sich vom Höhlengleichnis Platons her auch bestimmen als „schauen“.
„Schauen“ darf nicht mit Denken gleich gesetzt werden. Platon
könnte das Verhältnis zwischen Schauen und Denken in etwa so
ausdrücken:
Erst schaut die Seele,
dann denkt die Vernunft.
Die Entdeckung des
Iδεῖν durch Sokrates und Platon ist in Vergessenheit geraten
bzw. durch das Denken zurückgedrängt worden. Iδεῖν tritt im
Verlauf Abendländischer Geschichte im Mittelarbeiter zwar noch
einmal als Mystik hervor, aber das Schauen der Mystiker wird
philosophisch nicht genutzt, sondern religiös vereinnahmt.
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