Mystische Ereignisse sind natürlicherweise
(wesentlich) wahr. Es ist daher müßig zu fragen, ob die vom
Trauernden empfundene Anwesenheit eine Verstorbenen sich tatsächlich
so ereignet oder nicht.
So merkwürdig das für meditativ Unerfahrene
zunächst klingt, künstlerisch abstrakte Räume finden sich
jederzeit allenorts in der Natur. So kann ein Spaziergang in der
Natur mystisch ebenfalls sehr hilfreich sein bzw. helfend wirken.
Verstorbene erscheinen den um sie tief Trauernden
weniger konkret als vielmehr „abstrakt“ als Gefühl. Dieses
Gefühl kann so intensiv sein, dass unmittelbare Anwesenheit
Verstorbener empfunden wird.
Künstlerisch abstrakte Innenräume scheinen durch
die Architektur in Klöstern beschaulicher Orden auf besondere Weise
hervor, also genau dort, wo zugleich Mystik zu Hause ist.
Mystisch ist
Schauen der Seele und nicht geistiges Wahrnehmen. Wenn die Seele
„Liebe“ schaut, vermag geistige Wahrnehmung das allenfalls
künstlerisch ideenhaft ausdrücken. Ein Liebesgedicht flüstert die
innere Stimme der Seele der Künstler ins innere Ohr. Der Geist
vermag oft nicht auszudrücken, was die Seele zu sagen vermag.
Nähe
des Geliebten
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
Vom
Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
In
Quellen malt.
Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
Der Staub
sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
Der
Wanderer bebt.
Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
Die
Welle steigt.
Im stillen Haine geh ich oft zu lauschen,
Wenn
alles schweigt.
Ich bin bei dir, du seist auch noch so ferne,
Du
bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne
O
wärst du da!
Johann
Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Religiöse Mystiker vergegenwärtigen sich katathyme
Eingebungen durch immer-währendes Beten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen